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Neues über Datenbanken — Rückblick 2023

Zweimal im Jahr lasse ich die Nachrichten der letzten sechs Monate Revue passieren und verpacke die interessantesten Neuigkeiten in eine kurze Geschichte. Nach einer Pause ist es wieder so weit. Abonniere den Newsletter, um künftige Ausgaben zu erhalten.

Der SQL-Nachfolger ist da

Der SQL-Nachfolger ist da! Es ist SQL. Im Juni wurde die lange erwartete neue Fassung des SQL-Standards veröffentlicht. Damit ist SQL:2016 Geschichte und ich hoffe, dass SQL:2023 nicht ganz so lange lebt.

Das Gros der Neuerungen betrifft JSON und eine völlig neue Sub-Sprache zum Abfragen von Graphen (ähnlich zu Cypher). Daneben gibt es zahlreiche „Kleinigkeiten“, die sich im Wesentlichen um die Standardisierung von Funktionen drehen, die bereits in einigen Systemen verfügbar sind. Im Detail gehe ich dazu in den nächsten Monaten auf modern-sql.com ein (E-Mail, Twitter, RSS). Bis dahin empfehle den Artikel von Peter Eisentraut.

Wolken bringen manchmal Regen

Am Anfang überwiegen die Vorteile der Cloud. Insbesondere beeindruckt das extrem schnelle Aktivieren von hochwertigen Services wie zum Beispiel einer Datenbank samt Backup und vollautomatischem Failover in ein anderes Rechenzentrum. Weiters steht bei den Branchengrößen Amazon, Microsoft und Google neben de-facto unlimitierter Hardware und Bandbreite auch eine sehr große Auswahl solch hochwertiger Services zur Verfügung. Niemand muss die Installationsanleitung lesen oder Backup und Recovery-Prozesse durchspielen, um ein neues Service entspannt zu nutzen. Die ausgewiesenen Preise – manchmal nur wenige Cent pro Stunde – sind auch noch sehr gering.

Solange der Wettbewerb um neue Cloud-Kunden anhaltet, halten die Marktmechanismen den Preisdruck aufrecht. Alle Cloud-Anbieter buhlen um jene Kunden, die noch nicht in der Cloud sind. Geringe Preise sind da ein einfaches Mittel. Dieser Mechanismus versagt aber, sobald quasi jeder in einer Cloud ist. Da die Kosten eines Anbieterwechsels meist enorm hoch sind, wird selten gewechselt. Rein wirtschaftlich betrachtet könnten die Anbieter die Kosten des Wechsels ihrer Kunden auf ihre eigenen Gebühren aufschlagen ohne viele Kunden zu verlieren. Nur weil es heute günstig ist, muss es nicht zwangsläufig immer günstig sein.

Was sind also die Alternativen? Leute, die aus einer Hardware-Lieferung eine funktionierende Infrastruktur und darauf Services betreiben können, gibt es da-facto nicht mehr. Fast genauso schwierig ist es Personal zu finden, dass die Services auf gemieteter Hardware in einem Colocation-Rechenzentrum betreibt. Dieses Know-how ging verloren. Stattdessen findet man Leute, die für die Bedienung von AWS, GCP oder Azure zertifiziert sind. Jeder tut so als wäre alles gut. Kaum einer bereitet sich auf den Fall vor, dass der einzelne Anbieter von dem alles abhängt auf lustige Ideen kommt wie zum Beispiel die Kundendaten zum Trainieren von KI-Modellen zu verwenden. Oder die Preise zu erhöhen. Oder neue Gebühren einzuführen. Oder ein zentrales Service, das man nutzt einstellt. Oder es generell berg ab geht.

Nachhaltige Unternehmen müssen sich auf solche Fälle vorbereiten. Sie sollten einen Plan für einen Anbieterwechsel haben. Entweder zu einem anderen Cloud-Provider oder in ein klassisches Rechenzentrum. Für diesen Plan ist es notwendig, den Zoo der benutzten Cloud-Services möglichst überschaubar zu halten. Noch wichtiger ist es, keine proprietären Dienste zu verwenden. Nur dann gibt es die Hoffnung, dass die Marktmechanismen die Preise unter Kontrolle halten. Oder dass man im Fall der Fälle tatsächlich wechseln kann. Andernfalls ist man im „Vendor-Lock-In-On-Steroids“.

Abschließend möchte ich zwei Beispiele für einen Cloud-Exit vorstellen. Im ersten Fall hat man die Cloud nicht verlassen – ja noch nicht einmal den Provider gewechselt. Alleine der Umstieg von hochwertigen Diensten auf einfachere hat die Skalierbarkeit und Widerstandsfähigkeit verbessert während die Kosten um 90 % gesunken sind. Das berichtete ausgerechnet das Amazon-Prime-Video-Team. Der E-Mail-Provider HEY hat die Cloud tatsächlich durch eigene Hardware ersetzt und hat dadurch neben einer Ersparnis von 1.5 Millionen Dollar pro Jahr auch noch 45 % schnellere Anwortzeiten erhalten. Ein Ausstiegsszenario ist ohnehin für jedes nachhaltige Unternehmen notwendig. Wenn man es einmal hat, könnte sich sogar herausstellen dass der Ausstieg schon jetzt die beste Option ist.

Technologie und Wissenschaft

Zuerst möchte ich auf Andy Pavlo’s Artikel „Databases in 2023: A Year in Review“ verweisen. Dort geht es insbesondere auch um Vektor-Datenbanken, zu denen ich im Laufe des Jahres auch einige Beratungsanfragen hatte. Der Artikel hebt auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von MariaDB hervor. (Eine frühere Version dieses Artikel hat auch von technischen Problemen mit MariaDB 11 berichtet — das war allerdings alleine mein Fehler).

Rund um die Umsetzung von SQL-Funktionen war es im vergangenen Jahr eher ruhig. Oracle 23c sticht allerdings hervor, da es seit Jahrzehnten Überfälliges nachholt. Das ist insbesondere eine bessere Unterstützung der Values-Klausel und des Boolean-Typs. Schade nur, dass die nach dem Jahr 2023 benannte Version, mit Ausnahme der begrenzten 23cFREE-Version, noch immer nicht für On-Premises-Installationen zur Verfügung steht. „Kommt doch in die Cloud“, hörte ich Oracle flüstern, „dort gib es 23c seit September“. Ich komme nicht umher zu ergänzen: „Und macht euch abhängig von den neuen Features, denn die gibt es nur dort“.

Neue Artikel und Aufzeichnungen

In aller Kürze (Twitter, BlueSky)

SQL Renaissance Ambassador

Als SQL Renaissance Ambassador ist es meine Mission, Entwickler auf die Evolution von SQL im 21. Jahrhundert aufmerksam zu machen. Mein Buch „SQL Performance Explained“ ist in fünf Sprachen erschienen und kann online kostenlos auf use-the-index-luke.com gelesen werden. Mein nächstes Buch kann bereits während des Entstehens online gelesen werden (modern-sql.com). Allen SQL-interessierten Unternehmen und Entwicklern stehe ich als Trainer, Sprecher und Berater zur Verfügung. Mehr Infos dazu auf winand.at.

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